Neu Ski Trips

„Alleine“ auf Kitzbühels Pisten

Leere Pisten rund um den Pass Thurn am 4. Jänner © Skiing Penguin
Leere Pisten rund um den Pass Thurn am 4. Jänner © Skiing Penguin

In diesem Ausnahme-Winter auf den Skipisten unterwegs sein zu dürfen, ist für uns alle Neuland: von der Gesichtsadjustierung bis hin zum (überschaubaren) Andrang. Eine Momentaufnahme nach sechs Tagen auf Kitzbühels fast verwaisten Pisten. 

Während Skigebiete in Oberösterreich, der Steiermark oder Kärnten zu Weihnachten und rund um Neujahr vereinzelt regelrecht überrannt worden sind und anderswo (etwa in Saalbach-Hinterglemm, Ischgl oder Kleinwalsertal) die Lifte noch gar nicht eingeschaltet wurden, führt Kitzbühel – wenige Tage vor dem Hahnenkammrennen – eine Art (medialen) Dornröschenschlaf. Die Gamsstadt scheint derzeit (noch) kein Thema zu sein und womöglich ist das in Zeiten wie diesen sogar das Beste, was einem Wintersportort passieren kann.

Dabei passiert in Kitzbühel seit 24. Dezember womöglich Einmaliges: 43 der insgesamt 57 Liftanlagen sind geöffnet und es gibt Tage, da hat man das Gefühl, die Pisten gehören einem alleine. Das stimmt natürlich nicht, denn zumindest auf dem Hahnenkamm ist immer etwas los. Aber im Vergleich zu traditionellen Weihnachtsferien (mit über 30.000 Gästen an Spitzentagen), gilt heuer regelmäßig: freie Fahrt. Und das nicht nur auf den Pisten, sondern auch an den Liften, wo es kaum zu nennenswerten Wartezeiten kommt.

Auffällig ist auch die Disziplin der Wintersportler: Unmaskiert ist niemand, schlampig maskiert nur die wenigsten und auch die (in Gondeln und Sesselliften mit Bubble verpflichtende) FFP2-Maske scheint jeder mit sich zu führen. Besonders Disziplinierte und besonders Bequeme tragen die FFP2-Maske sogar ständig – also auf dem Lift und auf der Piste. In diesem Fall braucht es aber einen sehr langen Atem, denn befreites Durchatmen ist unter dem genormten Mundschutz nicht möglich. Zudem schmeckt frische Luft, die einen auf den Bergen umgibt, unter Masken einfach alles andere als frisch – im Gegenteil.

Der Versuch, einen Schlauchschal zum dauerhaften Mundschutz umzufunktionieren, scheitert übrigens innerhalb von wenigen Minuten – so schnell ist das Baumwolltuch vom Atem durchnässt. Und das Gefühl, wenn sich dieser nasse Lappen dem Hals anschmiegt, ist ebenso unvergesslich, wie wenn die nasse Fläche dank der eisigen Temperaturen gefriert. So lästig es auch sein mag, aber die Mund-Nasen-Bedeckung vor jeder Liftfahrt aufs Neue zu „justieren“, scheint nach sechs Skitagen am sinnvollsten.

Viel Platz gibt es auch auf den Sesselliften - und Anonymität (dank Schlauchschal und FFP2-Maske © Skiing Penguin
Viel Platz gibt es auch auf den Sesselliften – und Anonymität (dank Schlauchschal und FFP2-Maske © Skiing Penguin

Die generelle Maskenpflicht auf allen Liften ist zudem ohnehin vielmehr ein Geschenk des Himmels als eine Beeinträchtigung. Man denke nur an alle Sportarten, die derzeit überhaupt nicht ausgeführt werden dürfen (von Tennis über Eishockey bis hin zum Gang ins Fitness-Studio). Wer sich in diesem so wackeligen Winter entweder die Saisonkarte oder die Tageskarte ganz ersparen möchte, schnallt übrigens die Tourenski an. Innerhalb eines Skivormittags begegnet man verlässlich zwischen 30 und 50 Tourengehern (am Pistenrand).

Tourengeher sind im Winter 2020/2021 so präsent wie nie zuvor © Skiing Penguin
Tourengeher sind im Winter 2020/2021 so präsent wie nie zuvor © Skiing Penguin

Neben dem Privileg, als Skifahrer seinen Sport überhaupt ausüben zu dürfen, kommen die (in Kitzbühel) großteils freien Pisten in der Früh und am Vormittag. Ein Umstand, den es in dem Wintersportmekka so gut wie nie gibt. Vor allem der Pass Thurn (Hanglalm, Hartkaser) bietet derzeit dermaßen viel Platz, dass man bei einer Abfahrt teilweise nicht einmal fünf Gleichgesinnten begegnet. Auch auf dem Kitzbüheler Horn ist man in den ersten zwei Stunden nach Betriebsbeginn ziemlich „allein“. Im Laufe des Vormittags wird es zwar enger, aber das liegt v.a. daran, dass auf dem Horn im Dezember zwei wichtige Lifte (Raintal, Hornköpfl) noch nicht in Betrieb waren. Inzwischen ist aber zumindest die Raintal-Gondel in Betrieb. Exemplarisch für die Situation sind auch die Kennzeichen auf den Parkplätzen der Zubringerlifte: beim Kitzbüheler Horn parken fast ausschließlich Einheimische (KB), auf dem Pass Thurn – im Grenzgebiet zwischen Tirol und Salzburg – ebenso (KB, ZE und Zweitwohnungsbesitzer aus Österreichs Osten). Nur auf dem Hahnenkammparkplatz sind die PKW ein klein wenig internationaler – sofern man München (M) und Starnberg (STA) als international durchgehen lassen möchte.

Warum Kitzbühels Pisten heuer so viel Platz bieten, liegt in der Gästestruktur: Zwischen 40 und 50 Prozent der Skifahrer stammen aus dem Ausland (Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden) und solange die Hotels geschlossen bleiben bzw. die Einreise in einer Pflichtquarantäne mündet, wird sich daran nichts ändern. Wer dieser Tage in Kitzbühel Ski fährt, lebt hier oder hat einen Zweitwohnsitz in der Umgebung. Das gilt freilich für das ganze Bundesland: Insgesamt gibt es in Tirol 16.200 offiziell genehmigte Freizeitwohnsitze.