Snow-How

Vom Schnee aus den Kanonen

Kunstschnee besteht aus Wasser und Luft © Skiing Penguin
Kunstschnee besteht aus Wasser und Luft © Skiing Penguin

Hartnäckig halten sich diverse Mythen über Kunstschnee, seine Produktion und seine Eigenschaften. Dabei gibt es ein paar Fakten, die in hitzigen Diskussionen immer wieder in Vergessenheit geraten. Ist da Chemie drinnen? Brauchen wir Kunstschnee wirklich? Diese und andere Aspekte beleuchten wir in den nächsten Absätzen. 

„Früher ging es doch auch ohne Kunstschnee“ 

Über 5000 Schneeerzeuger – also Schneekanonen und Lanzen – haben die Skigebiete Saalbach, Kitzbühel, Arlberg und die SkiWelt Wilder Kaiser-Brixental zusammen. Eine beeindruckende Anzahl, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hierbei nur um vier österreichische Skigebiete handelt, wohl nur ein Bruchteil aller Schneeerzeuger, die es hierzulande gibt. 70 Prozent der gesamten Pistenfläche Österreichs (23.700 Hektar bzw. 33.193 Fußballfelder) können mittlerweile künstlich beschneit werden, verlautbart der Fachverband der Seilbahnen. Allein heuer haben die Liftbetreiber 114 Millionen Euro in den Ausbau und die Modernisierung ihrer Beschneiungsanlagen investiert, heißt es von Seiten des Fachverbands. 

Künstlich erzeugter Schnee besteht ausschließlich aus Wasser, das von den Düsen der Schneemaschinen in feinen Tropfen in die kalte Luft geschleudert wird und unter den richtigen Bedingungen als Schnee zu Boden fällt. Pro Pistenhektar werden in einem Jahr rund 3000 Kubikmeter Wasser verwendet, bei idealen Temperaturen (unter 4 Grad plus) und niedriger Luftfeuchtigkeit kann aus einem Kubikmeter Wasser die dreifache Menge Schnee produziert werden. Mittlerweile stammen fast 90 Prozent der aufgewendeten Energie für die Schneeerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wie z.B. Windräder, wie der Fachverband bekannt gibt.

Natur- und Kunstschnee sind für die Optik und die Piste eine ideale Kombination © Skiing Penguin
Natur- und Kunstschnee sind für die Optik und die Piste eine ideale Kombination © Skiing Penguin

Und was kostet nun dieser Kunstschnee? „Ein Kubikmeter Schnee kostet uns drei Euro“, sagt Josef Burger, Vorstand der Bergbahn AG Kitzbühel. Hinzuzurechnen sind natürlich noch die Kosten für die Präparierung. Auf der Nutzenseite scheinen diese Ausgaben durchaus gerechtfertigt: Insbesondere zum Saisonstart sind viele Skigebiete stark auf Kunstschnee angewiesen und auch während des Winters dient erzeugter Schnee zur Aufrechterhaltung des Skibetriebs. Studien zufolge geben 33 Prozent der Wintertouristen Schneesicherheit als wichtiges Entscheidungskriterium bei der Urlaubsbuchung an. Hinzu kommt, dass die Ansprüche der Urlauber und Tagesgäste an die Pistenqualität nicht mehr mit jenen aus den 70er- und 80er-Jahren zu vergleichen sind. 

Aber früher ging es doch auch ohne Kunstschnee?! Das mag stimmen. Aber früher war der Wintertourismus in Österreich nicht das, was er heute ist. Laut Wirtschaftskammer werden durch Liftbetreibergesellschaften direkt und indirekt fast 100.000 Arbeitsplätze gesichert. Die Wertschöpfung, die durch Wintersport entsteht, liegt bei über vier Milliarden Euro pro Jahr. 

„Die beschneien auch jedes Jahr früher“

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass bundeslandübergreifende Skigebiete wie z.B. Semmering-Hirschenkogel, die Turracher Höhe oder Kitzbühel ihre Lage ausnützen würden, indem sie frühzeitig Pisten beschneien, wo es keine fixe Beschneiungszeiten gibt bzw. die Regelungen lockerer sind. Die festgelegten Beschneiungszeiten liegen im Ermessen der Länder. So hat Tirol beispielsweise für niedrig und mittelhoch gelegene Skigebiete einen Zeitraum von 1. November bis maximal 31. März festgelegt. Ausnahmen gibt es für hochgelegene Skigebiete wie etwa Hochgurgl und Gletscher. In Vorarlberg dürfen die Schneekanonen schon ab 1. Oktober angeworfen werden, um Schneedepots zu erzeugen. Normale Pistenbeschneiung ist im Ländle ebenfalls ab 1. November erlaubt und darf die Dauer der Wintersaison nicht verlängern.

Wann die Schneekanonen arbeiten, hängt vom jeweiligen Bundesland und der Anlage ab © Skiing Penguin
Wann die Schneekanonen arbeiten, hängt vom jeweiligen Bundesland und der Anlage ab © Skiing Penguin

Für alle anderen Bundesländer gelten keine generellen Beschneiungszeiten. Dennoch darf weder in Salzburg, noch in Kärnten oder der Steiermark willkürlich lang beschneit werden. Jede einzelne Anlage muss nämlich von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft unter wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Auflagen genehmigt werden. So kann es für jede Beschneiungsanlage unterschiedliche Zeiten geben, die sich nicht nur auf die allgemeine Dauer auswirken (beispielsweise darf die Wintersaison nicht verlängert werden), oder auch auf die Tageszeit, zu der die Schneekanonen arbeiten dürfen. Bei bundeslandübergreifenden Skigebieten einigen sich die Behörden bei der Zuständigkeit auf jenes Bundesland, in dem die größeren Anteile liegen. Z.B. kommen im Fall der Turracher Höhe die steirischen Regelungen zur Anwendung, wie es von Seiten der Kärntner Landesregierung heißt. 

Nicht zu vergessen ist, dass der Wasservorrat, der für die Beschneiung verwendet werden darf, beschränkt ist: Weder dürfen künstlich angelegte Speicherseen endlos vollgepumpt werden, noch darf beliebig viel Wasser aus natürlichen Gewässern entnommen werden. Der mengenmäßige Wasserverbrauch wird ebenfalls pro Anlage festgelegt. Unter diesen Bedingungen müssen die Skigebiete ihre Beschneiung optimal verteilen, denn wenn sie zu früh beginnen, ist die Gefahr des Abschmelzens sehr groß. 

„Da ist doch sicher Chemie drinnen“

Wie bereits erwähnt, unterliegen sowohl die Errichtung als auch das Betreiben von Beschneiungsanlagen intensiven wasserrechtlichen, naturschutzrechtlichen und gewerberechtlichen Bewilligungsverfahren. Nur wenn alle Auflagen ordnungsgemäß erfüllt werden – dies wird auch während des Betriebs kontrolliert – dürfen die Anlagen genutzt werden. 

Kunstschnee besteht ausschließlich aus Wasser und Luft. Zusatzstoffe dürfen der Produktion in Österreich nicht beigemischt werden. Auch das ist ein Grund, warum die Schneeproduktion sehr von den äußeren Bedingungen abhängig ist. Die Diskussion um Seefeld und eine Beimischung des Mittels „Snomax“ hat gezeigt, dass die Mehrheit der Skigebietsbetreiber deutlich hinter dem Reinheitsgrundsatz steht. Aus diesem Grund wird in letzter Zeit von Seiten der Branche vermehrt der Begriff „technischer Schnee“ verwendet, um die oft negative Assoziation des Begriffs „Kunst“ mit Chemie zu vermeiden. 

Nur wenn Luftfeuchtigkeit und Temperatur passen, kann beschneit werden © Skiing Penguin
Nur wenn Luftfeuchtigkeit und Temperatur passen, kann beschneit werden © Skiing Penguin

Wie Studien am Kitzsteinhorn gezeigt haben, hat Kunstschnee einen weiteren Vorteil: Er ist resistenter gegenüber der Sonneneinstrahlung und kann sogar Gletscher vor dem Abschmelzen bewahren (mehr dazu lest ihr hier). Aufgrund seiner kompakten Eigenschaft schützt er auch den Boden, wie der Fachverband der Seilbahnen festhält: Einerseits werden Gräser und Pflanzen vor mechanischen Beschädigungen durch Skikanten und Pistengeräte geschützt, andererseits isoliert eine ausreichend hohe Schneedecke und verhindert Bodenfrost. Und wenn der Schnee im Frühjahr schmilzt, gelangt das Wasser zurück in den Kreislauf und sorgt für eine ausreichende Durchfeuchtung des Bodens.