Neu Rund um den Weltcup

Ein Kitzbüheler Wintermärchen

Niels Hintermann am Hahnenkamm-Freitag auf dem Weg zu Platz 3 © KSC/Jamnig
Niels Hintermann am Hahnenkamm-Freitag auf dem Weg zu Platz 3 © KSC/Jamnig

Die 83. Hahnenkamm-Rennen waren ein Skifest, an das man sich gerne erinnern wird. Dank akribischer Vorarbeiten, der Rückkehr der Fans, atemberaubender Leistungen und Hilfe von oben.

Petrus muss ein Kitzbüheler sein“ titelte die Tiroler Tageszeitung in ihrer Ausgabe am 17. Jänner 2023 und keine Schlagzeile bringt die 83. Hahnenkamm-Rennen besser auf den Punkt. Die Rennstrecken Streif und Ganslern waren zwar auch in den Tagen und Wochen davor bereits rennfertig, nur erweckte die Landschaft im Zielbereich während des ersten Abfahrtstrainings noch nicht den Eindruck eines Rennens Mitte Jänner (sondern eher im April). Nur wenige Stunden später war ganz Kitzbühel in eine Schneedecke gehüllt. Nicht zu viel und nicht zu wenig – gerade recht, um den perfekt präparierten Rennstrecken auch den perfekten Rahmen zu bieten: ein fast schon kitschiges Winterwunderland.

Da Petrus angeblich ein Kitzbüheler sein muss, war es auch nicht weiter überraschend, dass die Veranstalter das zweite Training nicht für Mittwoch, sondern für Donnerstag festsetzten. So konnte am Mittwoch der Neuschnee in der nötigen Ruhe von der Streif entfernt werden. Beim zweiten Training konnten – neben der Streif – auch die Bedingungen, die tags darauf bei der ersten Abfahrt herrschen würden, getestet werden: leichter Schneefall, kein Sonnenschein. Das erste Rennen am Freitag wurde nicht nur für die Athleten mit großer Spannung erwartet, auch für das Organisationskomitee sowie den gesamten Kitzbüheler Ski Club. War es doch das erste Mal, dass wieder alle Fans zugelassen waren. Dann das große Aufatmen, denn das treue Publikum kehrte „geschlossen“ zurück: 20.000 am Freitag, 45.000 am Samstag (ausverkauft) und 20.000 am Sonntag.

45.000 Fans fieberten am Samstag bei winterlichen Bedingungen mit © KSC/Klecha
45.000 Fans fieberten am Samstag bei winterlichen Bedingungen mit © KSC/Klecha

Sportlich glich die Freitagsabfahrt einem Thriller, denn die Piste und die Bedingungen boten auch hohen Startnummern die Chance, Hahnenkamm-Sieger zu werden: Broderick Thompson (Startnummer 39) wurde 9., Miha Hrobat (Startnummer 45) 7. Und als Florian Schieder mit Nummer 43 ins Rennen ging, begann selbst Vincent Kriechmayr plötzlich zu bangen. Letztendlich fehlten dem Südtiroler 23 Hundertstel auf den Sieg. Hinter Kriechmayr und Schieder freute sich Niels Hintermann über Rang 3. Neben dem packenden Rennen finden auch zwei Szenen Eingang in Kitzbühels Skigeschichte: Mit welch athletischer Körperbeherrschung Marco Odermatt und Aleksander Aamodt Kilde (mit gebrochenem Mittelhandknochen) schwere Stürze vermeiden konnten, wird mindestens genauso oft wiederzusehen sein, wie Bode Millers unfreiwilliger „Ausflug“ auf die Gleitplane 2008.

Weil es Aleksander Aamodt Kilde liebt, Heldengeschichten zu schreiben, entschied er sich am Samstag vor 45.000 Zusehern diesmal für die Ideallinie und gewann die Abfahrt. Dahinter freute sich Johan Clarey über Platz zwei und „den schönsten Moment in meiner Karriere“, als der Franzose im Ziel abschwang und auf Platz eins lag. Hinter Johan Clarey jubelte Travis Ganong über Rang drei – beide beenden übrigens nach der Saison ihre Karrieren. Direkt in Kitzbühel hat Beat Feuz seine Karriere beendet. Der dreimalige Abfahrtssieger genoss die Streif und den Jubel der Fans noch zweimal, riskierte aber nicht mehr Kopf und Kragen.

Aleksander Aamodt Kilde triumphierte am Samstag auf der Streif © KSC/Jamnig
Aleksander Aamodt Kilde triumphierte am Samstag auf der Streif © KSC/Jamnig

Die Sonne zeigte sich an diesem Hahnenkamm-Wochenende – wie könnte es anders sein – am Sonntag, der den Zusehern einen anspruchsvollen und spannenden Slalom auf dem Ganslernhang bescherte. Am Ende strahlten Daniel Yule, Dave Ryding und Lucas Braathen mit der Sonne, glücklichen Fans und zufriedenen Veranstaltern um die Wette. Die 83. Hahnenkamm-Rennen waren ein Skifest, an das man sich gerne erinnern wird. Allerdings wäre die Durchführung völlig unmöglich gewesen, hätten nicht die unermüdlichen Pistenteams rund um Herbert Hauser und Stefan Lindner gemeinsam mit der Bergbahn Kitzbühel bereits Mitte Dezember zwei rennfertige Pisten mit imposanter Schneeauflage präpariert gehabt. Nur durch diese gewissenhafte Vorbereitung konnten die teils frühlingshaften Temperaturen zwischen Weihnachten und Mitte Jänner hingenommen werden. Und dann erinnerte sich Petrus plötzlich wieder, wo er eigentlich zu Hause ist.