Pistentiger

100 Jahre bis zur ersten Biografie

Franz Reisch blickt vom Kitzbüheler Horn zum Wilden Kaiser © Anke Reisch

Niemand hat in Kitzbühel nachhaltigere Spuren hinterlassen, als Franz Reisch. 100 Jahre nach seinem Tod ist nun die erste Biografie erschienen. Verfasst von seiner Ur-Enkelin Anke Reisch. Am 24. Jänner folgt eine Doku auf Servus TV.

Natürlich verbindet man Kitzbühel in erster Linie mit Ski-Legenden wie den Sailers, den Hinterseers, Anderl Molterer oder Hias Leitner. Franz Reisch (1863 – 1920) hingegen stößt vor allem außerhalb der Gamsstadt und Tirols auf wenig Bekanntheit. Sein Stellenwert in Kitzbühel symbolisiert vor allem das Denkmal direkt am Eingang zum Rathaus. Dem gebürtigen Kufsteiner, dessen Tod sich am 6. Jänner 2020 zum 100. Mal jährt, verdankt die Stadt unschätzbare visionäre Schritte – und Schwünge: Er fuhr als Erster mit Ski die Hänge bergab, war Impulsgeber für den entstehenden Tourismus, schuf Hotels und Almhütten, holte die ersten Skilehrer in den Ort und war nicht nur Wegbereiter für Eishockey und Curling, sondern auch für ein großes Skirennen, das regelmäßig abgehalten werden soll (und mit dem Hahnenkammrennen elf Jahre nach seinem Ableben 1931 auch Realität wurde).

Noch ehe auf Servus TV am 24. Jänner 2020 eine Dokumentation über Franz Reisch Premiere feiert (Details lest ihr hier), schuf seine Ur-Enkelin die allererste Biografie. Auf 143 Seiten versucht Anke Reisch das Leben des Visionärs, Weltenbummlers und Sportlers wiederzugeben: „Es gibt einen guten Überblick und reicht fürs Nachtkastl“, sagt eine bescheidene Anke Reisch, im Brotberuf Rechtsanwältin, über ihr Buch „Franz Reisch – Die Legende von Kitzbühel“. Im Rahmen der Präsentation im Rasmushof am Fuße der Streif nahm sich die Autorin Zeit für ein Interview.

Frau Reisch, warum hat es eigentlich fast 100 Jahre nach dem Tod von Franz Reisch dauern müssen, bis jemand eine Biografie schreibt?
ANKE REISCH: Das fragen wir uns auch, aber beantworten kann ich es nicht. Es ist aber generell die Literatur über Kitzbühel besonders dünn – wenn man vergleicht wie bekannt und beliebt der Ort ist. 

Die Familie Reisch ist sehr groß. Warum waren gerade Sie es, die sich hingesetzt hat, um mit dem Schreiben zu beginnen?
ANKE REISCH: Es sind alle sehr beschäftigt. Es sind auch alle sehr fleißige, erfolgreiche Leute. 

Sie doch auch, oder?
ANKE REISCH: Bei mir kommt eine schriftstellerische Einstellung dazu und es hat sich alles auch erst mit der Zeit entwickelt. Es war nicht von Anbeginn an klar, dass ich ein Buch schreibe. Wir wollten ursprünglich nur etwas zum 100. Todestag am 6. Jänner 2020 machen – und sei es nur ein Fest, an dem die Familie zusammenkommt. Erst mit der Zeit ist diese Idee gewachsen. 

Autorin Anke Reisch arbeitet als Rechtsanwältin © Skiing Penguin
Autorin Anke Reisch arbeitet als Rechtsanwältin © Skiing Penguin

Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?
ANKE REISCH: Im Frühjahr 2019 hab ich mit der Recherche begonnen, im September mit dem Schreiben. 

Das ist flott.
ANKE REISCH: Stimmt, aber ich muss dazusagen, dass ich keinen Roman geschrieben habe. Es wird sehr viel zitiert – aus Zeitungen oder etwa aus Aufzeichnungen seiner Tochter. Und mir fällt Schreiben nicht schwer. 

Wie ist es Ihnen als Ur-Enkelin des Porträtierten mit der kritischen Distanz ergangen? Wie geht es einem mit den schwarzen Flecken des Ur-Opas? Wird beschönigt oder ausgespart?
ANKE REISCH: Ich verberge nichts. Was man heute kritisch sehen kann, ist Franz Reischs großdeutsche Einstellung und ich gebe authentisch wieder, was darüber zu berichten ist. Eine ledige Tochter war zur damaligen Zeit vielleicht ein kleiner schwarzer Fleck, aus heutiger Sicht ohnehin keiner. 

Das Buch ist im Eigenverlag erschienen. Hat kein Verlag Interesse gezeigt?
ANKE REISCH: Der Tyrolia Verlag wollte das Buch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft im Handel haben und dafür hätte ich es im August abgeben müssen. Das war für mich nicht zu schaffen. Einerseits wegen meiner beruflichen Belastung als Anwältin und Kinder habe ich auch. Also hab ich mich für den Eigenverlag entschieden. 

Sind Sie bei den Recherchen über den Ur-Opa auf etwas gestoßen, das Ihnen völlig neu gewesen ist?
ANKE REISCH: Die unglaubliche Quantität und Qualität seiner Schaffenskraft war mir nicht bekannt. Und ich habe nicht gewusst, dass er auch das „Sporthotel“ gebaut hat. Es war ihm ein Anliegen, damit zwar ein gutes Haus zu eröffnen, aber kein Luxushotel – von sehr guter Qualität, aber leistbar. Was mir auch neu gewesen ist: Dass er so ein guter Vater war, der sich mit seinen Kindern wirklich beschäftigt hat, was für die Zeit atypisch war. 

Wo sind die Parallelen zwischen Ihnen und dem Ur-Opa?
ANKE REISCH: Wir haben beide einen geraden Charakter und ich bin genauso an der Welt interessiert wie er.

Zum Buch

Anke Reisch: „Franz Reisch – Die Legende von Kitzbühel“
Erschienen im Eigenverlag, 144 Seiten, 24,50 Euro
Erhältlich in der Bücherklause Haertel in Kitzbühel, im Museumsshop Kitzbühel sowie bei der Tyrolia in St. Johann und Kufstein.
Online unter a.reisch@ankereisch.at 

 

In der Servus-TV-Doku über Franz Reisch spielt Wolfmar Reisch seinen Ururopa © Skiing Penguin
In der Servus-TV-Doku über Franz Reisch spielt Wolfmar Reisch seinen Ururopa © Skiing Penguin