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Kitzbühel hofft auf grünes Licht Mitte Mai

Anton Bodner beim Interview © Skiing Penguin
Bergbahn-Chef Anton Bodner beim Interview © Skiing Penguin

Mitten in der Corona-Krise kam es bei der Bergbahn AG Kitzbühel Ende März zur geplanten Staffelübergabe: Anton Bodner übernahm den Vorstandsvorsitz von Josef Burger. Gemeinsam mit Finanzvorstand Walter Astl gewährt der Kitzbüheler Einblicke in die aktuelle Situation und den finanziellen Schaden. Mitte Mai, so die Hoffnung, möchte man zumindest zwei Lifte wieder in Betrieb nehmen. Der traditionelle Frühstart in den Kitzbüheler Winter soll heuer etwas behutsamer erfolgen. 

Herr Bodner, gibt es einen schlimmeren Start für einen Bergbahn-Chef als mit einem Lockdown der Seilbahn?
ANTON BODNER: Die Situation ist natürlich schon sehr speziell, aber mit so einem Ereignis hat auch niemand rechnen können. Meine persönlichen Planungen und Visionen für die neue Aufgabe sind natürlich in eine ganz andere Richtung gegangen. Jetzt finden wir uns in einer Situation wieder, die für alle neu, aber auch für alle in etwa gleich ist. Ich sehe es sportlich: Man muss auch jetzt in der Lage sein, die Dinge besonnen zu behandeln und das Beste für die Zukunft in die Wege zu leiten. So schwierig die Situation auch sein mag, sie ändert nichts an dem Grundsatz, das Beste für das Unternehmen zu geben. 

Hat die Bergbahn Kitzbühel durch diesen Einschnitt größere Projekte nach hinten verschieben müssen?
ANTON BODNER: Es war in unserem mittelfristigen Plan immer vorgesehen, dass die Investitionen 2019/2020 zurückgeschraubt werden. Durch die jüngsten Ereignisse und die Einnahmeausfälle wird die Situation natürlich noch einmal verschärft. 

WALTER ASTL: Wir haben den Investitionsplan für heuer noch einmal reduziert, weil die Einnahmen dafür fehlen. Aber alle wichtigen Projekte, die wir für die nächsten Jahre vorgesehen haben, werden zumindest geplant und eingereicht. Sobald es die finanzielle Situation des Unternehmens wieder zulässt, werden wir die Projekte auch realisieren. 

Finanzvorstand Walter Astl arbeitet seit rund 40 Jahren bei der Bergbahn AG Kitzbühel © Skiing Penguin
Finanzvorstand Walter Astl arbeitet seit rund 40 Jahren bei der Bergbahn AG Kitzbühel © Skiing Penguin

Josef Burger, bis 31. März Vorstandschef der Bergbahn AG Kitzbühel, hat am 15. März mit einem Schaden von 14 Millionen Euro gerechnet. Bleibt es dabei?
WALTER ASTL: Diese Zahl war ein absolutes Worst-Case-Szenario und es wird nicht ganz so schlimm werden, da wir damit rechnen, den Betrieb im Sommer wieder aufnehmen zu können – wenn auch in reduzierter Form. Gleichzeitig rechnen wir da auch mit dem Verkauf erster Saisonkarten für den Winter. Wir rechnen nicht mehr mit 14 Millionen Euro Schaden, sondern mit acht bis 8,5 Millionen. Wir sind auch sehr optimistisch, dass wir im Herbst schon wieder einen vernünftigen Betrieb fahren können und in der Folge mit allen Anlagen zeitgerecht in den Winter starten können. 

Die Hoffnungen ruhen also darauf, dass die Lifte den Betrieb Mitte Mai wieder aufnehmen können?
WALTER ASTL: Wir haben die Revisionen so getaktet, dass die Hahnenkammbahn und die Fleckalmbahn mit Mitte Mai startklar sind. Dann werden wir sehen, wie sich das Geschäft entwickelt und wir könnten im Bedarfsfall noch die ein oder andere Bahn dazuschalten. 

Gibt es denn Signale, dass die Seilbahnen Mitte Mai wieder fahren dürfen?
WALTER ASTL: Unser Signal ist, dass Gastronomiebetriebe und Hotellerie Mitte Mai wieder öffnen dürfen. Aber was machen Gastronomie und Hotellerie bei uns, wenn sie keine Seilbahnen hat? Das ist für mich eine logische Abfolge.

ANTON BODNER: Wir glauben, dass die Risiken beim Besuch eines Restaurants in etwa mit denen einer Seilbahn vergleichbar sind. Der starke Zusammenhalt zwischen Gastronomie und Bergbahn in unserer Gegend lässt solche Schlüsse zu. Allerdings gibt es von Seiten der Behörden und den Interessenvertretern in der Wirtschaftskammer keine Information, dass wir Mitte Mai aufsperren können. Wir werden aber bereit sein, sobald es grünes Licht gibt. Außerdem fühlen wir uns emotional verpflichtet, unseren Gästen etwas anzubieten und ihnen ihre Berge wiederzugeben. Man spürt es ringsum immer mehr: Die Leute wollen wieder zurück in die Natur.

Seit dem Nachmittag des 15. März fährt in Österreich kein Lift mehr. Im Bild die Hahnenkammbahn © Skiing Penguin
Seit dem Nachmittag des 15. März fährt in Österreich kein Lift mehr. Im Bild die Hahnenkammbahn © Skiing Penguin

Welche Konsequenzen sollte die Tourismuswerbung aus dieser Krise ziehen?
WALTER ASTL: Wir müssen die Stärken auf den Nahmarkt setzen und da haben wir auch gute Chancen. Die Österreicher und unsere deutschen Nachbarn werden heuer kaum Fernreisen machen und eher in der Heimat bzw. im Nachbarland urlauben. In diesen Märkten werden wir verstärkt auftreten müssen. Bislang sind 40 Prozent unserer Gäste aus dem Nahbereich, d.h. aus Österreich und Südbayern, und diesen Marktanteil müssen wir vergrößern. 

Die Verbreitung des Corona-Virus lag auch am Massentourismus. Kann ein nachhaltiger Tourismus ihn ablösen oder gibt es relevante Erträge nur dank Masse?
ANTON BODNER: Bilder, die wir vom Après-Ski oder auch von Mallorca kennen, waren nie das Ziel und die Intention, die hinter dem Tourismus in Kitzbühel gestanden sind. Solch exzessive Partys gibt es hier gar nicht. Aber: Um erfolgreich zu sein, braucht man immer eine bestimmte Anzahl an Gästen. An durchschnittlichen Tagen haben wir 10.000 bis 15.000 Gäste auf den Skipisten, aber die verteilen sich relativ schnell. Es gibt auch keine Hotspots, wo sich Tausende Leute auf einmal treffen. Nachhaltigkeit, Ressourcenmanagement und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur werden bei uns ganz groß geschrieben. Wir leben es zwar schon lange, aber es wird für uns, wie auch für unsere Gäste, noch wichtiger werden. Deshalb investieren wir in dieser Richtung auch und wollen uns stetig weiterentwickeln. Allein unser verzweigtes Skibussystem dürfte beispiellos sein. Aber wir wollen auch unsere Kooperationen mit Busunternehmen im südbayerischen Raum und den ÖBB ausbauen. Der Bahnhof direkt an der Hahnenkammbahn muss auch noch mehr in die Köpfe unserer Gäste. 

Anton Bodner übernahm in der Corona-Krise die Leitung der Bergbahn Kitzbühel © Skiing Penguin
Anton Bodner übernahm während der Corona-Krise die Leitung der Bergbahn Kitzbühel © Skiing Penguin

Nach über 40 Tagen Krise: Wie geht es Ihnen mit Tirols Landesregierung und Seilbahn-Obmann Franz Hörl?
WALTER ASTL: Also die Bundesregierung arbeitet super und sehr strukturiert. Was der Bundeskanzler zwei Wochen zuvor angekündigt hat, tritt auch ein, und das erhöht die Glaubwürdigkeit. In Tirol sind zu Beginn Fehler passiert, aber in so einer Situation alles richtig zu machen, ist auch schwierig. Allerdings hängen uns in Tirol diese Fehler nach. 

ANTON BODNER: Der Seilbahner-Fachverband vertritt eine ganze Branche und hin und wieder würde ich mir wünschen, dass man mehr gehört wird – aus regionaler Sicht. Aber insgesamt wurde gemacht, was zu machen war. Im Nachhinein würde man vielleicht hie und da anders reagieren. 

Ist ein Ausblick auf den Saisonstart in den Winter 2020/2021 möglich? Die Schneedepots sind ja längst fertig.
ANTON BODNER: Ich stehe zu unseren ökologischen Schneedepots auf dem Hahnenkamm und dem Resterkogel und wir stellen mit ihnen wieder unseren Saisonstart sicher. Aber Anfang Oktober und bei 20 Grad werden wir sicher nicht loslegen. Wir wollen in enger Abstimmung mit Meteorologen einen geeigneten Zeitpunkt Ende Oktober finden, wo eine Kälteperiode absehbar ist oder vielleicht schon Naturschnee liegt, um die Wintersaison 2020/2021 zu beginnen. 

Das heißt, der Saisonstart wird heuer kurzfristiger erfolgen?
ANTON BODNER: Wir sagen: Nicht mit aller Gewalt und ohne Druck, nur um einen bestimmten Termin zu halten. Der Saisonstart soll auch in eine allgemeine Wettersituation passen, die den nahenden Winter schon zumindest erahnen lässt.