Neu Rund um den Weltcup

Eine Ski-Karriere abseits des Rampenlichts

Christopher Hörl beim Interview © Skiing Penguin
Christopher Hörl beim Interview © Skiing Penguin

Zehn Jahre lang war der Salzburger Christopher Hörl Skiprofi und schaffte es unter moldawischer Flagge bis zu den Olympischen Spielen in Südkorea. Nun hat der 30-Jährige mit zwei Profis eine Fitness-App ersonnen und startet mit seinem Partner Brad Fit als Unternehmer. Ein Rückblick auf eine Karriere abseits von Glanz, Glamour und Kameras. 

Es gibt richtig viele Parallelen zwischen Christopher Hörl und Marcel Hirscher: Die zwei Salzburger sind Jahrgang 1989, fuhren im selben Schülerkader, waren leidenschaftlich Ski-Profis und erklärten beide im Sommer ihren Rücktritt. Der größte Unterschied zwischen den beiden: Marcel Hirscher avancierte während seiner Karriere zu einem Weltstar, Christopher Hörl nicht. Der gebürtige Saalfeldner wechselte für seinen Traum von einer Etablierung im Weltcup sogar den Verband und startete seit 2017 unter der Flagge Moldawiens (wir haben berichtet). Mit 1. August zog Christopher Hörl nun doch einen Schlussstrich. Noch weiter an seiner Karriere zu arbeiten, wäre sich finanziell nicht mehr ausgegangen.

„Meine Devise war immer“, sagt Christopher Hörl, „ich will beweisen, dass Geld nicht Ski fährt. Jetzt muss ich leider zugeben, sobald man in die Nähe der Top 30 kommt und noch weiter nach vorne will, benötigt man immer mehr Geld.“ Und dieses Geld war für den 30-Jährigen heuer nicht mehr aufzustellen. Denn im Gegensatz zu den großen Fischen im Skizirkus wie dem ÖSV, hilft der moldawische Skiverband nicht bei der Geldbeschaffung. Rund 90.000 Euro kostete ihn etwa die letzte Saison: „Letztes Jahr hab ich allerdings während der Saison selbst Sponsoren auftreiben müssen – das wollte ich nicht mehr. Heuer war mein Ziel, das Finanzielle vor dem Winter erledigt zu haben, um mich dann voll aufs Skifahren zu konzentrieren. Leider ist das nicht gelungen.“

Die Gründe findet Christopher Hörl natürlich auch bei sich selbst: „Entweder du bist im Weltcup ganz vorne dabei, oder du bist nicht attraktiv genug, um vermarktet zu werden.“ Der HTL-Absolvent weiß aber auch, dass potentielle Sponsoren nicht nur den Glanz und Glamour sehen, den der Weltcup in Kitzbühel oder Schladming ausstrahlt: „Was dem Skisport an vielen Orten fehlt, ist die Show. Im Vergleich zu Bormio etwa ist bei der Ortsmeisterschaft in Saalfelden mehr los. Und das wissen die Firmen. Weil ich im Fernsehen aufgrund der hohen Startnummer nicht vorkomme, kann die Firma mit mir als Werbeträger nichts verkaufen.“

Achtmal ging Christopher Hörl im Weltcup an den Start und bei den Olympischen Spielen 2018 @ Agence Zoom
Achtmal ging Christopher Hörl im Weltcup an den Start und bei den Olympischen Spielen 2018 © Agence Zoom

Um allen Weltklasse-Skifahrern zwischen Amerika, Europa, Afrika, Asien und Ozeanien dieselbe Chance einzuräumen, hält der Salzburger schon lange eine Austragung ähnlich der Formel 1 für eine Möglichkeit, das globale Interesse am Skisport ebenso zu erhöhen wie die Chancengleichheit für alle Athleten: „Es gibt so viele, die richtig schnell Skifahren können, und hinter ihnen steht keine Geld-Maschinerie großer Verbände und das darf nicht sein.“ Christopher Hörl regt an, dass nicht mehr für Nationen, sondern für Teams gefahren wird wie z. B. Team Atomic, Team Red Bull, Team GoPro, Team Head usw. „Holt sich jedes Team die besten Skiläufer, dürften vor allem Talente aus kleineren Nationen bzw. aus jenen, in der unser Sport nicht oder unzureichend gefördert wird, viel bessere Chancen bekommen.“

Aber was bleibt nun von Christopher Hörls Karriere? Ein Blick auf die nackten Zahlen klingt nach vielen Mühen, aber wenig Lohn: Das beste Ergebnis im Weltcup war Platz 48 in der Abfahrt von Bormio 2018. Im Europacup holte er 2013 Platz 2 in der Abfahrt von Madonna und gewonnen hat er vier FIS-Rennen, davon allein drei heuer. Der nunmehrige Ex-Profi ist zufrieden: „Vielleicht war es das Maximum, das ich aus meiner Karriere herausholen hab können. Denn während der ÖSV-Athlet regeneriert, bin ich auf Sponsorensuche gegangen. In meiner kleinen Welt war Platz 17 in der Europacup-Abfahrt von Kitzbühel heuer trotz einer Schuhrandprellung wie ein Sieg.“

Christopher Hörls Fazit nach zehn Jahren als Ski-Profi klingt ehrlich und demütig: „Mein Erfolg ist es, dass ich so lange Skifahren durfte, dass ich im Weltcup starten durfte und dass ich an den Olympischen Spielen 2018 teilnehmen konnte. Ich habe viele Kollegen, denen das alles nicht vergönnt gewesen ist.“ Die Sportlerkarriere beendete er finanziell „beinah“ plus/minus null, aber der nächste Schritt – hin zu einem Plus – ist bereits gesetzt. 

Christopher Hörls Zukunft gehört dem Coaching - auch digital © Skiing Penguin
Christopher Hörls Zukunft gehört dem Coaching – auch digital © Skiing Penguin

Christopher Hörls berufliche Zukunft findet sich hinter der CH Coaching GmbH in einer Coaching-App: „Unsere App ist kein 08/15-Fitness-Programm und auch kein neumodernes  Fitness-Studio. Wir haben das gesamte bereits bestehende Wissen in Sachen Training, Ausdauer, Rehabilitation etc. gebündelt und bieten es auf unserer Plattform zum Abruf an.“ Er selbst etwa hat jedes Training – seit er 2010 Profi wurde – dokumentiert und in die Software einfließen lassen. Für die Trainingspläne ist Patrick Zuckerstätter zuständig, einstiger Fitness-Coach der ÖSV-Abfahrer, für die Rehabilitation gibt es Gerald Aron, den Physiotherapeuten von Österreichs Biathleten. Mit der App sollen hochprofessionell erstellte Trainingspläne für alle Sportbegeisterten preiswert angeboten werden: „Wir wissen alle, was ein Trainer bzw. ein Physio pro Stunde kostet. Bei uns gibt es einen Trainingsplan ab 19 Euro im Monat.“ 

Ansprechen soll die App nicht nur junge Skifahrer und ihre Eltern, die sich auf der Suche nach dem richtigen Training für ihren Nachwuchs befinden. Es gibt auch Programme für diejenigen, die zum ersten Mal ein Fitnessstudio besuchen oder für jene, die ihr Wohnzimmer zur Workout-Station umfunktionieren. Der virtuelle Begleiter durch sämtliche Übungen heißt Brad Fit. Er zeigt nicht nur jede Übung vor, sondern unterstützt auch durch verbale Motivation und Zeitangaben.

Wer seine sportlichen Ziele noch etwas ernster nimmt und sich etwa auf einen Marathon vorbereiten möchte oder ganz konkrete Muskelaufbau- oder Gewichtsabbau-Pläne hat, geht einen Schritt weiter: „Dann bieten wir ganz auf dich abgestimmte Trainingspläne an, wofür du einmal zu uns ins Studio kommst, wo wir dich durchchecken“, sagt Christopher Hörl. Preislich kosten diese Trainingspläne zwischen 34 und 50 Euro pro Monat. „So kommen Hobby- als auch Leistungssportler an das beste Know-How zu leistbaren Preisen“, erklärt der Neo-Start-Up-Gründer. 

Mit Vereinen und Schulen ist Christopher Hörl und sein Team bereits in Kontakt. Jüngst stellten sie die App an der Ski-Handelsschule in Schladming vor und sie sei „hervorragend angekommen“. Nur wenige Wochen nach seinem Karriereende als Sportler, beginnt womöglich eine als digitaler Trainer: „Vielleicht haben mich meine zehn Jahre als Profi genau dahin führen müssen, wo wir jetzt stehen und mein Eindruck sagt: Der Weg stimmt.“

Christopher Hörl mit seinem neuen "Partner" Brad Fit @ CH Coaching
Christopher Hörl mit seinem neuen „Partner“ Brad Fit © CH Coaching