Neu Rund um den Weltcup

„Aksel“: Ungeschöntes Heldenepos

Ski-Legende Aksel Lund Svindal © Field Productions
Ski-Legende Aksel Lund Svindal © Field Productions

Filip Christensens Dokumentation „Aksel“ über Aksel Lund Svindal ist ein sehr persönlicher, emotionaler und authentischer Blick auf die letzten Jahre einer großen Skikarriere, nicht nur für Fans des Norwegers. Ab 12. November in Österreichs und Südtirols Kinos. 

Es ist schon ein kleiner Hype, den Österreichs Skifans rund um die Dokumentation über Aksel Lund Svindal auslösen. Bei der Premiere im Innsbrucker Metropol-Kino am Mittwochabend kam der persönlich anwesende Hauptdarsteller kaum dazu, Rede und Antwort zu stehen. Dabei war der Grund für den nicht enden wollenden Trubel regelrecht anachronistisch: Hunderte (!) stellten sich um ein Autogramm der norwegischen Ausnahmeerscheinung an. Der 38-Jährige signierte aber nicht nur Filmplakate, sondern auch Bücher, Handycover, Helme sowie Ski- und Straßenschuhe. Die Liebe und die Anerkennung, die Aksel Lund Svindal in Österreichs Bergen entgegenschwappt, quittierte er mehrmals mit Demut und Dankbarkeit. Kurz bevor das Licht im Saal in Innsbruck ausging, entschwand der Doppel-Olympiasieger unter großem Applaus zur Premiere nach Bozen.

Neuerlich applaudiert wurde 110 Minuten später, als der Abspann einsetzte, denn Regisseur Filip Christensen ist Bemerkenswertes gelungen: Eine Karriere packend wie einen Abenteuerfilm zu erzählen, obwohl (beinahe) jeder Zuseher nicht nur die Handlung, sondern auch das kitschige Happy End kennt. Der Fokus von „Aksel“ liegt auf dem letzten Kapitel seiner fast 18-jährigen Weltcup-Karriere: die Zeit vom folgenschweren Sturz in Kitzbühel 2016 über die Olympischen Spiele in Pyeongchang 2018 bis zum finalen Abschwung bei der Weltmeisterschaft im schwedischen Åre 2019.

"Aksel" zeigt Blut, Schweiß und Tränen © Field Productions
„Aksel“ zeigt Blut, Schweiß und Tränen © Field Productions

Natürlich ist es ein klassisches Heldenepos, das „Aksel“ erzählt. Von der Reise eines reflektierten Denkers und unermüdlichen Arbeiters, der nichts lieber macht als Ski zu fahren, und für den Bänderrisse nicht mehr sind als kurze Pausen (in der Kraftkammer) auf dem Weg zurück an die Weltspitze. Aber das Publikum liebt Helden – vor allem die stillen. Als die Doku Svindals zwei folgenschwerste Stürze zeigt (Beaver Creek 2007, Kitzbühel 2016), hält das Kinopublikum den Atem an, als würde es ein Live-Rennen verfolgen. Als er in Pyeongchang sein zweites Olympia-Gold holt, wird erleichtert durchgeschnauft – obwohl die meisten das Rennen 2018 gesehen haben.

Über 500 Stunden Filmmaterial hat Filip Christensen gesammelt und er durfte Aksel Lund Svindal überallhin begleiten. Nicht nur in das Chaos der Hotelzimmer oder seine Wohnung in Innsbruck, sondern bis an die OP-Tische, wo Zartbesaitete viel mehr sehen, als sie wollen. Die persönliche, authentische und ungeschönte Dokumentation lebt aber genauso von den offenherzigen Interviews mit Svindals Vater Bjørn, Bruder Simen und Teamkollege Kjetil Jansrud. „Aksel“ beleuchtet die Kindheit, die durch den frühen Verlust der Mutter eine Zäsur erfuhr, erzählt vom jähen Ende der Skikarriere von Simen und zeigt einen leidenschaftlichen Papa, der seinem Sohn nach dem Sturz von Beaver Creek 2007 zu jedem wichtigen Rennen hin gefolgt ist: „Denn man weiß ja nie“, sagt Bjørn.

Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft, geprägt von Spaß und gegenseitiger Anerkennung. Mit einer Ausnahme: „Das einzige Mal, dass er sich nicht mit mir gefreut hat und mich runtergezogen hat“, erinnert sich Jansrud an sein Super-G-Gold in Sotschi, während Top-Favorit Svindal Siebter wurde. Es sind auch die Fehler, die das Publikum an seinen Helden schätzt. Sie müssen aber nicht zwingend an der Hausbergkante der Streif passieren.

„Aksel“ läuft seit 12. November in Österreichs und Südtirols Kinos sowie ab 2. Dezember auch in Deutschland.