Pistentiger

„Die Auswirkungen sind dramatisch!“

Manfred Hofer, der Mann hinter „element3“ © e3Mediahouse
Manfred Hofer, der Mann hinter „element3“ © e3Mediahouse

Abgesehen von den wenigen, die Ski fahren gehen können, bleibt dieser Winter ein Horror. So auch für Österreichs Skischulen, die entweder fast kein Geschäft machen oder geschlossen bleiben. Manfred Hofer betreibt in Kitzbühel die Skischule „element3“. Im Interview spricht er über die verfahrene Ausnahmesituation, den Fall Jochberg und sagt, wo sein Verständnis aufgehört hat. 

Nicht nur Österreichs Skigebiete kämpfen gegen eine Saison, die einem Totalausfall gleicht (Sölden etwa hat die Saison am Montag beendet), sondern auch die Skischulen. In Kitzbühel zählt „element3” zu den größten Anbietern. Das Unternehmen mit Fokus auf der Outdoorbranche gibt es seit 1994, die Skischule wurde 2008 gegründet. Im Interview spricht Manfred Hofer, gebürtiger Kitzbüheler und Chef von „element3“, über die bisherige Saison mit ihren Restriktionen, den Fall Jochberg, die Ausbildung und ausländische Skilehrer.

Herr Hofer, Österreichs Skischulen dürfen in diesem Winter bislang nur Einzelpersonen und Gruppen aus einem Familienverband unterrichten. Besteht irgendeine Aussicht darauf, dass Sie heuer noch Skikurse in klassischer Form anbieten werden dürfen?
MANFRED HOFER: In dieser Saison wird es mit Sicherheit keinen klassischen Skiunterricht mehr geben. Unser Fokus bei element3 liegt aber generell beim Privatunterricht und Kleinstgruppen von maximal fünf Personen.

Haben Sie Verständnis für diese Restriktionen?
MANFRED HOFER: Wir haben bis dato alle Verordnungen aus Überzeugung mitgetragen und umgesetzt, um bei der Bekämpfung der Pandemie unseren Teil beizutragen.

Restlos nachvollziehbar scheinen die Verordnungen für Sie aber trotzdem nicht zu sein.
MANFRED HOFER: Ich habe kein Verständnis für unklare Ansagen und die kurzfristigen Erteilungen der Bescheide seitens des Gesundheitsministeriums und der Landesregierung unserer Branche gegenüber. Bei den neuen zusätzlichen Verordnungen, etwa den Tests für die Pistenbenutzung, fehlt mir jegliches Verständnis. Planung ist kaum möglich.

Wie gut wäre Ihre Skischule für den „Corona-Winter“ vorbereitet gewesen?
MANFRED HOFER: Wir waren sehr gut vorbereitet, weil wir die Sache seit Anbeginn der Pandemie sehr ernst genommen haben. So haben wir zum Beispiel die Teilnehmerzahl beim Kinder-Gruppenunterricht auf höchstens fünf verkleinert. Weiters war ein früherer Kursbeginn und somit frühere Essenszeiten an reservierten Tischen sowie ein separater Eingang an der Hahnenkammbahn für Skischulen vorgesehen. 

Welche Vorschriften gelten für Ihre Mitarbeiter?
MANFRED HOFER: Wir haben Konzepte für den Skischulbetrieb am Berg und für die Mitarbeiterhäuser entwickelt, die weit über die Verordnungen hinausreichen. Neben den wöchentlichen PCR-Tests führen wir seit Anfang November zusätzlich Schnelltests bei unseren Mitarbeitern durch. Und nach knapp achtwöchiger Praxis können wir sagen, dass das Gesamtpaket funktioniert und ein sicheres Konzept ist. Mein Dank gilt vor allem unseren Mitarbeitern und der Bergbahn AG Kitzbühel, sie alle machen einen super Job.

So unbeschwerte Gesichter der Skilehrer sieht man heuer selten © e3Mediahouse
So unbeschwerte Gesichter der Skilehrer sieht man heuer selten © e3Mediahouse

Ist diese Wintersaison bereits abgeschrieben oder ist es weniger dramatisch, als es von außen wirkt?
MANFRED HOFER: Die Auswirkungen sind dramatisch. Durch die ausbleibenden Gäste, aufgrund der geschlossenen Hotellerie, hat für viele Skischulen die Saison erst gar nicht stattgefunden. 

War der Vorfall in Jochberg, bei dem unter 17 angehenden Skilehrern aus Großbritannien die britische Variante des Corona-Virus nachgewiesen wurde, ein Bärendienst an Eurer Branche?
MANFRED HOFER: Die mediale Berichterstattung rund um Jochberg ist meiner Meinung nach völlig aus dem Ruder gelaufen. Jochberg ist schlussendlich das Ergebnis, wenn man den Skischulen am 22. Dezember 2020 mitteilt, sie können aufsperren und noch dazu erklärt, die Hotellerie würde bald folgen. Nur verständlich, dass ein Unternehmer dann seine Mitarbeiter versucht am Tag X fertig ausgebildet am Start zu haben.

Können Sie diese Ausbildung, die die Skilehrer in Jochberg absolviert haben, bitte kurz erklären?
MANFRED HOFER: Der Aspirant durchläuft einen ca. vierwöchigen Vorbereitungskurs, der dann direkt in die Anwärterausbildung bei den verschiedenen Landesverbänden in Österreich übergeht. Nach positiv absolvierten Anwärterkurs werden die ausgebildeten Lehrer an die Skischulen verteilt. Der neue Skilehrer ist gut vorbereitetet, der Verband bekommt Kursteilnehmer und die Skischulen ihre bereits ausgebildeten Mitarbeiter. Ein bewährtes Konzept seit vielen Jahren. Normalerweise finden diese Ausbildungen bereits im Oktober am Gletscher statt. Man muss aber dazusagen, dass diese neuen Aspiranten dann eine Skischule nur zu einem kleinen Teil ergänzen. Der Großteil der Mannschaft setzt sich zusammen aus den Stammlehrern vor Ort und den alljährlich wiederkommenden Lehrern. 

War in Jochberg letztendlich also alles in Ordnung?
MANFRED HOFER: Das eigentliche Problem in Jochberg waren die Unterkünfte – ob es hier ein Konzept dafür gab, kann ich nicht sagen. Hier kommt aber auch klar die Eigenverantwortung der Teilnehmer zum Tragen. Fakt aber ist: Der einzige Grund, warum diese Gruppe vor Ort gewesen ist, war sich ausbilden zu lassen, um dann als Skilehrer in einer Skischule arbeiten zu können.

Selbst von Tirolerinnen und Tirolern habe ich in den letzten Wochen gehört: „Wofür brauchen wir Skilehrer aus England, wenn nicht mal unsere Einheimischen einen Job haben.“ Verstehen Sie diese Irritation?
MANFRED HOFER: Wir sind stolz darauf, in einer normalen Saison bis zu 100 Mitarbeiter aus Kitzbühel und der Region beschäftigen zu dürfen. Etwa 50 weitere Lehrerinnen und Lehrer aus der ganzen Welt ergänzen unser Team. Die Diskussion einheimische Skilehrer betreffend ist eine gestrige. Das Berufsbild hat sich grundsätzlich geändert, wie in der gesamten Tourismusbranche. Auch ein Hotel kommt nicht mehr mit „nur“ einheimischen Mitarbeitern aus. Dieser „Wir-zuerst-Gedanke“ oder diese Einstellung á la „damals war alles besser“ sind Denkweisen, von denen wir uns endlich verabschieden sollten. Entscheidend ist, Mitarbeiter im Team zu haben, die die geforderten Kriterien erbringen und das Wichtigste: Er/sie muss motiviert sein, das Skifahren mit Leidenschaft an die Gäste weitergeben zu wollen. 

Haben Sie Zukunftsängste oder lässt sich ein solcher Winter verkraften?
MANFRED HOFER: Nein, diese Art von Angst kenne ich Gott sei Dank nicht und sie wäre in diesem Fall auch kontraproduktiv. Es war bald absehbar, dass dieser Winter Ressourcen frei machen wird, deshalb haben wir früh beschlossen, ihn als Entwicklungsphase für neue Produkte und neue Herangehensweisen zu sehen. Somit haben wir eine Aufgabe und verlieren nicht den Fokus. Und das Wichtigste: Es wird keine verlorene Zeit. Wir agieren weiter, es gibt nämlich keine Alternative.