Rund um den Weltcup

„Ich bin nicht irgendeine Exotin“

Die Kenianerin bei der Arbeit © Sabrina Simader
Die Kenianerin bei der Arbeit © Sabrina Simader

Sabrina Simader, Kenias Ski-Aushängeschild, steckt mitten in den Vorbereitungen für die Weltcup-Saison 2018/2019. Die 20-Jährige darf in allen Disziplinen starten und möchte sich in den Top 40 etablieren. Trainiert wird teilweise mit Österreichs Mannschaft. 

Mit drei Jahren zog Sabrina Simader von Kenia in Oberösterreichs Mühlviertel. Als sie mit Stiefpapa Josef Simader das erste Mal im Schnee stand, fühlte sich das so gar nicht nach dem Beginn einer Traumreise an. Wenige Jahre später war sie dreifache steirische Ski-Meisterin, WM- sowie Olympia-Teilnehmerin und feierte ihr Weltcup-Debüt. Exotin genannt zu werden, hält die Wahl-Steirerin nur schwer aus, denn sie will mit Leistung überzeugen. Im Olympia-Super-G am 17. Februar 2018 fehlten ihr auf Siegerin Ester Ledecka fünf Sekunden: „Mein Team und ich waren ganz baff, dass es so aufgegangen ist”, sagt Simader, denn immerhin war es erst ihr zweiter Super-G auf diesem Niveau. Die Premiere fand am 9. Dezember 2017 in St. Moritz statt und brachte Platz 51 mit einem Rückstand von 4,4 Sekunden auf Gewinnerin Jasmine Flury.  

Erst Anfang Mai haben wir Sie am Hintertuxer Gletscher getroffen. Wie geht es einem mitten in diesem sommerlichen Frühjahr und offenbar noch voll im Training?
SABRINA SIMADER: Danke, ganz gut. Ich bin noch immer fit und freue mich schon auf die Vorbereitung.

Das heißt, der Urlaub nach der Saison liegt bereits hinter Ihnen?
SABRINA SIMADER: Ja, das waren ein paar kurze Tage. Aber ich habe mich gut erholt und stehe wieder mitten im Training, weil ich in der nächsten Saison große Ziele habe. Jetzt geht die Vorbereitung bis Ende Oktober, also bis kurz vor dem Riesentorlauf in Sölden. Insgesamt erwarten mich bis dahin 72 Skitage und 66 Konditionskurse mit „Globallife“ meiner neuen Trainingsmethode, mit der ich seit zwei Jahren arbeite.

Mit wem können Sie sich beim Training eigentlich messen? Sie sind ja die einzige in Kenias Ski-Team.
SABRINA SIMADER: Dank meines Trainers Christian Reif und seinen Kontakten gibt es viele offene Türen. Vor allem im Speed-Bereich kann ich immer wieder mit Österreichs Team mittrainieren oder auch mit den Slowenen.

Nächste Saison will die 20-Jährige in die Top 40 © Sabrina Simader
Nächste Saison will die 20-Jährige in die Top 40 © Sabrina Simader

Sie streben große Ziele an. In welchen Disziplinen wollen Sie nächste Saison angreifen?
SABRINA SIMADER: Ich möchte alle vier Disziplinen bewältigen und ich weiß, dass das ein riesiger Aufwand ist. Aber dafür bereite ich mich auch den ganzen Sommer vor. Meine wichtigsten Termine sind die große WM in Åre und die Junioren-WM in Passo San Pellegrino in Italien. Im Weltcup möchte ich mich etablieren, alles was geht an FIS-Punkten runterschreiben und mich weiterentwickeln.

Können Sie heute schon sagen, in welchen Disziplinen Sie nächste Saison im Weltcup an den Start gehen werden?
SABRINA SIMADER: Grundsätzlich kann ich in allen Weltcup-Rennen am Start sein, weil ich überall die Qualifikation geschafft habe. Jetzt gilt es mit meinem Team und dem Trainer herauszufiltern, was Sinn macht bzw. wo die Chance groß ist, gut zu performen. Das werden wir in der Vorbereitung rausfinden.

Welche Disziplin ist Ihnen die liebste?
SABRINA SIMADER: Ich fahre am liebsten Super-G und da gefällt mir die Strecke in St. Moritz am besten. Schon bei der WM 2017 war ich vom Gelände und dem Schnee sehr beeindruckt – es liegt mir einfach. Und heuer beim Weltcup-Rennen haben mir auf die Bestzeit nur 4,4 Sekunden gefehlt. Darauf lässt es sich aufbauen.

Ist es richtig, dass mit der WM 2017 in St. Moritz Ihr Stern aufgegangen ist – was Ihre Bekanntheit betrifft?
SABRINA SIMADER: Das war sicher ein großes Highlight, mit dem niemand gerechnet hat und ein großer Sprung nach vorne.

Hat das nur für Bekanntheit gesorgt oder auch für neue Sponsoren?
SABRINA SIMADER: Ja, es hat auch neue Sponsoren gebracht. Natürlich sind wir ein kleines Team und müssen bei der Finanzierung gut haushalten. Vom Skiverband Kenia bekommen wir leider wenig Unterstützung. Die WM und die Olympischen Spiele hat man uns bezahlt, die Vorbereitungen leider nicht. Da hoffe ich, dass in Zukunft mehr gehen wird.

Seit wann besteht Kenias Ski-Verband eigentlich?
SABRINA SIMADER: Langläufer Philip Boit war 1998 der erste Kenianer bei Olympischen Winterspielen und damals ist auch der Ski-Verband gegründet worden. Durch mich wurde er wieder aktiviert.

Geht sich die Finanzierung dank der hauptsächlich österreichischen Sponsoren aus oder muss viel aus eigener Tasche beigesteuert werden?
SABRINA SIMADER: Wir müssen schon noch ziemlich viel drauflegen – wir sind immer am Limit. Aber dadurch, dass es mein großer Traum ist, riskieren wir auch ziemlich viel. Ich bin aber zuversichtlich, dass unsere Mission aufgehen wird und dann weitere Sponsoren auf uns zukommen werden.

Von klein auf soll es allerdings nicht Ihr großer Traum gewesen sein Skifahrerin zu werden.
SABRINA SIMADER: Nein, auf keinen Fall. Als mir mein Stiefpapa mit drei Jahren auf einem kleinen Berg im Mühlviertel das Skifahren gelehrt hat, war ich gar nicht begeistert. Vor allem, weil ich bis dahin noch nie Schnee gesehen hab und die Kälte war auch nicht meins. Dann hab ich angefangen Zwergerlrennen zu fahren und bin immer Dritte geworden. Ich wollte aber immer ganz oben am Stockerl stehen. Mein Papa hat aber gesagt, das Gewinnen sei nicht so wichtig – wichtiger ist der Spaß am Sport. Dann hab ich angefangen auch den Spaß zuzulassen und hab dann auch sehr viele Rennen gewonnen. So bin ich u.a. dreifache steirische Meisterin geworden und hab mich in der Schülerklasse ganz oben etabliert.

War es als steirische Meisterin nie eine Option für den ÖSV zu starten?
SABRINA SIMADER: Für mich eigentlich nie und auch mein Papa hat immer geraten, meinem Heimatland treu zu bleiben. Ich bin in Kenia geboren und da sind auch meine Wurzeln. Natürlich hat das nicht nur Vor- sondern auch ein paar Nachteile. Aber derer war ich mir bewusst und ich bin noch immer froh, diesen Weg gegangen zu sein.

Was ist Ihre Heimat?
SABRINA SIMADER: Meine Heimat ist und bleibt Kenia. Meine zweite Heimat ist Oberösterreich, meine dritte die Steiermark.

Wann haben Sie Ihre erste Heimat zum letzten Mal besucht?
SABRINA SIMADER: Es war 2013 und es ist immer wieder schön, wenn ich meine Großeltern, Onkel, Tanten und Cousinen wiedersehe. Einfach ein schönes Heimatgefühl, wo meine Wurzeln sind und wo alle gleich aussehen.

Wie ist Ihr Verhältnis zum ÖSV?
SABRINA SIMADER: Man nimmt mich mit offenen Armen auf und das ist das Schöne am Sport. Nicht nur dadurch, dass mein Trainer selbst Trainer beim ÖSV war und gute Kontakte hat. Ich komme mit den Trainern und den Läufern gut zusammen. Beim gemeinsamen Training werde ich respektiert und akzeptiert. Vor allem, weil ich die Leistung bringe und nicht irgendeine Exotin bin.

Lässt sich Ihr Ziel für die kommende Saison in einem Satz zusammenfassen?
SABRINA SIMADER: Von Rennen zu Rennen weiterentwickeln und eine Etablierung in den Top 40.