Ski Trips

St. Johann in Tirol: Die andere Seite des Kitzbüheler Horns

Imposant ragt das Kitzbüheler Horn über St. Johann © Skiing Penguin
Imposant ragt das Kitzbüheler Horn über St. Johann © Skiing Penguin

Dank eines finanzkräftigen Investors beginnt das Skigebiet in St. Johann in Tirol, sich in einem neuen Kleid zu zeigen. Seinen ursprünglichen Reiz verliert es dadurch aber (noch) nicht.

Åre, Vemdalen, Trysil, Hemsedal und St. Johann. So seltsam diese Aufzählung anmutet, seitdem der skandinavische Skigebietsriese SkiStar im Jahr 2016 die Mehrheit am Skigebiet von St. Johann in Tirol gekauft hat, gehören die Bergbahnen der 9400 Einwohner zählenden Marktgemeinde einem der größten Betreibern weltweit. Und dass SkiStar nun die Entscheidungen trifft, ist seit diesem Winter auch sichtbar. Mit den neuen Eichenhofliften zeigen die Schweden, dass sie ernsthaftes Interesse an ihrem ersten nicht-skandinavischen Skigebiet haben.

Pistenplan St. Johann
@ SkiStar St. Johann

Die neuen Lifte – eine moderne 10er-Gondel und ein schneller und komfortabler Sechsersessellift – sind eine von drei Einstiegsmöglichkeiten in die insgesamt 43 Kilometer zählenden Pisten St. Johanns auf der Rückseite – bzw. der „schneesicheren“ Seite – des Kitzbüheler Horns. Auch wir beginnen unsere Erkundungsfahrt mit der Eichenhofgondel, deren kürzliche Fertigstellung sogar noch zu riechen ist. Am Ende der kurzen Fahrt – die zurückgelegte Strecke liegt bei 960 Metern – werden wir erstmal mit einem erstaunlich beeindruckenden Panorama belohnt (es soll nicht das einzige bleiben).

SkiStar, der neue Mehrheitseigentümer der Bergbahnen St. Johann, ist nicht zu übersehen @ Skiing Penguin
SkiStar, der neue Mehrheitseigentümer der Bergbahnen St. Johann, ist nicht zu übersehen @ Skiing Penguin

Während uns die Gondel „nur“ über die Nebelgrenze befördert hat, erschließt der anschließende Sechsersessellift mit gebrandeten Ledersitzen und Haube (er ist der einzige dieser Art) das restliche Skigebiet. Direkt unter dem Eichenhoflift 2 führt die gleichnamige Abfahrt ins Tal, eine einladend breite und topographisch ansprechende rote Piste, die schon am frühen Vormittag die ersten Sonnenstrahlen abbekommt. Im Rest des Skigebiets macht sich die Sonne bis zur Mittagszeit und darüber hinaus leider recht rar, zu groß ist der Schatten, den der imposante Gipfel des Kitzbüheler Horns auf die Pisten wirft. Kein Wunder also, dass sich diese Seite des Horns – im Gegenteil zur jenen im Skigebiet Kitzbühel – als tatsächlich schneesicher bezeichnen kann.

Mit dem Jodlalmsessellift wollen wir weiter an Höhe gewinnen. Allerdings führen die ersten 100 Meter des in die Jahre gekommenen Zweiersessellifts erstmal bergab, Passagiere mit Höhenangst müssen hier ganz stark sein. Nach einem wild anmutenden Graben geht es aber endlich bergauf und nach rund zehn Minuten Fahrtzeit sind wir dem Kitzbühler Horn noch näher. Der Blick auf den Pistenplan verrät: Mit der Harschbichlbahn kommt man den anziehend steilen Felsen des Gipfels noch näher. Nun heißt es Entscheidungswillen zeigen, denn von der Bergstation der Jodlalmbahn führt eine ganze Reihe an Pisten zur Talstation der Sechsergondel aus dem Jahr 1987. Gemein ist allen Abfahrten aus dem östlichen Teil des Skigebiets, dass sie im Metzgerkreuz münden, einem flachen Hang, der als Zubringer zur Liftstation dient. Auch von der anderen, der nordwestlichen Seite führt mit der Hochfeldabfahrt eine interessante, aber nicht steile und somit sehr anfängerfreundliche Piste zur Gondel. Skifahrer, die diesen Weg wählen, haben sogar den Luxus, fast direkt in der Talstation abschwingen zu können.

Obwohl der neue skandinavische Investor mit großen Fahnen, Aufstellern und Aufklebern im ganzen Skigebiet Präsenz zeigt, wird der Skigast spätestens hier in die Welt der St. Johanner Bergbahnen vor ihrer Zugehörigkeit zu einem finanzstarken Weltkonzern eingeweiht. Wie einige andere Lifte dient auch die Harschbichlbahn mittlerweile den 30. Winter und kämpft sich gut 15 Minuten auf eine Seehöhe von 1604 Meter hinauf. Doch oben angekommen entschädigt die Aussicht für die endlos wirkende Fahrt. Während sich links der Bergstation der Wilde Kaiser aufbaut, buhlen rechts der Gondel die Loferer Steinberge um einen bewundernden Blick. Und nicht zu vergessen: Das im Skigebiet St. Johann allzeit präsente Kitzbühler Horn ragt direkt hinter der Station weitere 400 Meter in die Höhe.

Den fantastischen Ausblick von Wildem Kaiser zu den Loferer Steinbergen "trübt" nur die Bergstation der Harschbichlbahn @ Skiing Penguin
Den fantastischen Ausblick von Wildem Kaiser zu den Loferer Steinbergen „trübt“ nur die Bergstation der Harschbichlbahn @ Skiing Penguin

Der Harschbichl ist Zentrum, Verbindungsglied und höchster Punkt des Skigebiets. Von hier aus gelangt man auch zu den etwas herausfordernden Pisten. Bisher machten die breiten blauen und roten Pisten im östlichen Teil der Wintersportregion dem Ruf St. Johanns als familienfreundlich alle Ehre. Fans steiler Hänge werden am westlichen Ende fündig. Vom Harschbichl führt die schwarze Saureggabfahrt über steile Passagen, Kurven sowie einem offenen Hang, der für langgezogene Schwünge prädestiniert ist, zur FIS-Strecke, dem letzten Steilen Abschnitt. Eine perfekt präparierte abfallende Piste mit drei rhythmusbrechenden Wellen führt direkt zur Talstation der Bauernalmbahn, der dritten Einstiegsmöglichkeit ins Skigebiet.

Nicht weniger interessant und für Carver zu empfehlen ist die Penzingabfahrt, die ebenfalls am Harschbichl startet. Aufgrund der roten Markierung gilt hier aber Vorsicht, da sich hier auch viele Skianfänger tummeln. Mit dem spartanischen Vierersessellift Penzing geht es zurück Richtung Harschbichl. Oder doch noch einmal die schwarze Piste hinuntersausen? Wie auch immer man sich entscheidet, die Sorge, nicht zu seinem Einstiegspunkt zurückzukommen, ist in St. Johann völlig unbegründet. Flotte Pistentiger bewältigen das Skigebiet selbst mit einem Einkehrschwung leicht an einem Tag. Und auch der gemütliche Genussskifahrer kommt wieder nach Hause, im Notfall mit dem kostenlosen Skibus.

St. Johann ist ein kleines und feines, etwas in die Jahre gekommenes Skigebiet, umgeben von Konkurrenten wie Kitzbühel oder Saalbach-Hinterglemm-Fieberbrunn. Zumindest in diesem Zusammenhang machen sich die alten Liftanlagen aber positiv bemerkbar, denn preislich liegt eine Tageskarte deutlich unter den teuren Nachbarn. Es bleibt abzuwarten, wie intensiv SkiStar seine Bemühungen verfolgen wird, St. Johann zu modernisieren und als Familienskigebiet weiter auszubauen. Aus unserer Sicht können wir St. Johann schon jetzt guten Gewissens als ein solches empfehlen.

Was uns gefallen hat:

  • das herrliche Panorama
  • die langen abwechslungsreichen Talabfahrten
  • dank der drei Einstiegsmöglichkeiten verteilen sich die Skigäste und vor allem ihre Autos gut auf drei Parkplätzen
  • Maskottchen „Valle”

Was uns weniger begeistert hat:

  • die Lichtverhältnisse sind aufgrund des großen Schattens durch das Kitzbüheler Horn auch an wunderschönen Tagen teilweise schwierig
  • manche Liftfahrten scheinen nicht enden zu wollen

St. Johann in Tirol – Facts:

  • Tageskarte Erwachsene 43,50 Euro, Ermäßigt 35 Euro, Kinder 22,00 Euro
  • gratis parken
  • 43 Pistenkilometer mit insgesamt 17 Seilbahnen und Liften
  • der Ort liegt auf 659 Metern Seehöhe, die höchstgelegene Piste auf 1604 Metern
  • 20 Hütten und Restaurants
  • Specials: Snowpark, Halfpipe, gratis Übungslifte im Tal

Und was gibt es noch?

Die Hochfeldlifte bringen Rodelbegeisterte ganz gemütlich zur winterlichen Naturbahn, beleuchtet ist sie sogar bis 1 Uhr früh. Alle weiteren Infos findet ihr hier.